Die folgende Studie wurde von der Winn
Feline Foundation gemacht, einer renommierten Organisation in den
Vereinigten Staaten von Amerika, die Forschungen zum Thema Katzen
finanziert und durchführt. Übersetzt ins Deutsche und übernommen von Amy
Stadter, Ragdollzüchterin und Vorsitzende der TICA CATS e.V.
(geschrieben von Diana Cruden, Ph.D.)
Frühkastration von Katzen, Teil 1
Das Konzept der Frühkastration (d.h. bevor eine Katze geschlechtsreif
wird) ist alles andere als neu. Anfang des 20. Jahrhunderts war
Frühkastration die Regel und Bedenken bezüglich negativer Nebenwirkungen
einer solchen Operation kamen erst sehr viel später auf. Heute
bestätigen die meisten Experten, daß bisher nicht genügend
wissenschaftlich belegte Informationen zur Verfügung standen, um das
beste Alter für eine Kastration zu ermitteln. Bis vor kurzer Zeit gab es
keine Forschungsergebnisse, welche die Theorie, daß die Kastration eines
Hundes oder einer Katze mit einem Alter von weniger als 5 bis 8 Monaten,
bestätigten oder widerlegten. In der Tat führt einer der Untersuchenden
auf diesem Gebiet an, daß viele Tierärzte die Frühkastration seit
geraumer Zeit praktizieren, da es unglaublich große Unterschiede gibt,
wann Katzen oder Hunde die Geschlechtsreife erlangen. Tierärzte für
Großtiere praktizieren bereits seit langem Frühkastration an ihrem
Tierbestand und halten dies nicht nur für akzeptabel sondern in vielen
Fällen auch für wünschenswert. Selbst bevor Bedenken bezüglich der
stetig wachsenden Anzahl an ungewollten Haustieren aufkamen, gab es
viele wissenschaftlich belegte Gründe für die Kastration und
Sterilisation. Sterilisierte Kätzinnen sind gegen Gebärmutterkrebs und
Gebärmutterinfektionen geschützt. Bei Katern reduziert die Kastration
das Risiko für einen Vorfall von Hodenkrebs und einer
Prostatavergrößerung und den damit verbundenen Infektionen. Vom
Standpunkt des Haustierbesitzers ist ein sterilisiertes oder kastriertes
Tier ein viel besserer Gefährte. Sie sind einerseits weniger aggressiv
und andererseits anhänglicher als ihre unkastrierten Verwandten. Da sie
nicht dem Fortpflanzungstrieb unterliegen werden sie weniger oft
streunen oder kämpfen.
Bis vor kurzem gab es einen sehr schmerzlichen Mangel an Studien über
die Kurz- und Langzeitfolgen der Frühkastration. Obwohl es zahlreiche
Anekdoten über Frühkastration gibt, waren diese Fälle vom
wissenschaftlichen Standpunkt her nicht aussagekräftig. Bei den meisten
dieser Fälle ging es um zufällig verpaarte, nicht verwandte Tiere mit
völlig verschiedenem Hintergrund und es gab keinen Versuch, diese
Verschiedenheit unter Kontrolle zu bringen. Es gab nur sehr wenige
universitäre Untersuchungen auf diesem Gebiet. M.A. Herron von Texas A&M
berichtete 1972 darüber, daß eine Kastration vor der Geschlechtsreife
einen relativ geringen Effekt auf den Durchmesser der Harnröhre bei
Katern hat. In letzter Zeit wurden Untersuchungen im Angell Memorial
Hospital in Boston, am College der Veterinärmedizin der Universität von
Minnesota und dem Department of Small Animal Clinical Sciences an der
Universität in Florida durchgeführt. Das Projekt in Florida dauerte von
1991 bis 1992 und wurde von der Winn Feline Foundation in Zusammenarbeit
mit der American Veterinary Medical Association (Organisation
Amerikanischer Veterinärmedizin) finanziert. Es wurde so weit wie
möglich versucht, die Unterschiede im medizinischen Hintergrund und in
der Genetik möglichst weit zu reduzieren. Die Kitten wurden eigens für
die Untersuchung gezüchtet und die Wurfgeschwister wurden in drei
Gruppen eingeteilt. Die Mütter der Kitten wurden unter Quarantäne
gedeckt und untergebracht, da die Ernährung und andere Faktoren sowohl
vor als auch nach der Geburt einen Einfluß auf die letzendliche Größe,
das Gewicht und den Gesundheitszustand im allgemeinen, Einfluß haben
können. Dr. Mark Bloomberg bezeugt daß, obwohl die Untersuchung der
Langzeitwirkungen noch nicht in vollem Umfang abgeschlossen sind, die
anfänglichen Ergebnisse äußerst positiv sind. Bevor er die Untersuchung
für die Winn Foundation durchführte, hatte Dr. Bloomberg eine ähnliche
Studie an Hunden abgeschlossen. Die an dieser Untersuchung beteiligten
Tiere wurden nun über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet, ohne
daß von negativen Nebenwirkungen berichtet wurde. An der Untersuchung
der Winn Foundation waren insgesamt 31 Kurzhaarkitten aus 7 Würfen
beteiligt, welche auf dem Universitätsgelände der Gainesville
Universität geboren wurden.
Die Kitten wurden in drei Gruppen eingeteilt:
- Gruppe 1: 11 Kitten; diese wurden im Alter von 7 Wochen kastriert bzw.
sterilisiert
- Gruppe 2: 11 Kitten; diese wurden im Alter von 7 Monaten kastriert
bzw. sterilisiert
- Gruppe 3: eine Kontollgruppe von 9 Kitten; diese wurden erst nach
vollständiger Reife und nach Beendigung der ersten Phase der
Untersuchung (12 Monate) kastriert bzw. sterilisiert)
Die Untersuchenden berichteten, daß die Operationen an den Kitten der
Gruppe 1 unkompliziert und ohne Zwischenfälle verliefen, und daß die
Kitten sich schneller erholten als die Kitten in den Gruppen 2 und 3.
Dr. Bloomberg bemerkte hierzu, daß es zwar nur sehr wenig Material über
Anästhesie bei Jungtieren gibt, allerdings seien Kleinkinder in der
Humanmedizin allgemein sehr gute Patienten und es gäbe keinen Grund,
warum dies nicht auch bei Katzen und Hunden der Fall sein sollte. Die
größten Probleme bei Operationen an Jungtieren sind die Erhaltung der
Körpertemperatur, die richtige Dosierung der Anästhesitika, da der
Atemapparat bei Jungtieren noch nicht vollständig entwickelt ist, und
die Erhaltung des richtigen Blutzuckerspiegels. Die Untersuchenden gaben
den Kitten der Gruppe 1 nur für eine kürzere Zeit vor der Operation
keine Nahrung als bei den Katzen der anderen Gruppen und gaben ihnen als
Vorsichtsmaßnahme kleine Mengen von Karo Syrup (ein stark
glukosehaltiger Sirup) vor der Narkose. Es sollte an dieser Stelle noch
erwähnt werden, daß das allgemeine Vorgehen bei der Reduzierung der
Narkosestoffe zum Ende der Operation auf Grund der schnelleren Erholung
der Jungtiere etwas abgewandelt wurde.
Kritiker führen mehrere mögliche Nebenwirkungen der Frühkastration auf.
Allgemein ist man der Meinung, daß kastrierte Tiere weniger aktiv sind
und eher zu starkem Übergewicht neigen als unkastrierte Tiere. Ebenso
wird gesagt, daß eine Kastration im frühen Alter das normale Wachstum
behindert. Besonders bei Katern wurde befürchtet, daß eine
Frühkastration die Entwicklung der Harnwege beeinflussen könnte und zu
einem vermehrten auftreten von Zysten und Entzündungen der Harnwege
führt. Außerdem wurde befürchtet, daß eine Frühkastration sich auf das
Verhalten, die Nahrungsaufnahme und die Anforderungen an die
Nahrungszusammensetzung und ähnliches auswirkt. Die Untersuchenden waren
bemüht, die meisten dieser Fragen zu beantworten, indem sie einige Daten
bei diesen drei Gruppen untersuchten. Insbesondere wurde auf die
folgenden Dinge geachtet: das Gewicht und die Körperzusammensetzung
(z.B. prozentualer Anteil an Körperfett); die Knochenlänge und das
Alter, mit welchem die langen Knochen aufhören zu wachsen; Verhalten;
Nahrungsaufnahme; Entwicklung der Harnwege; und die Entwicklung
sekundärer geschlechtlicher Merkmale und den Grad geschlechtlicher
Reife.
Die Ergebnisse beim Vergleich des Gewichts zeigten Unterschiede beim
Vergleich der drei Gruppen. Kater wogen grundsätzlich mehr als Kätzinnen,
was allerdings in allen Gruppen gleich war. Die Untersuchungen der
Körperzusammensetzung und des Körperfetts zeigten, daß die Werte der
Gruppe 1 und 2 identisch waren und allgemein fetter waren als die Katzen
der Gruppe 3. Die Untersuchenden weisen darauf hin, daß die Kater der
Gruppe 3 im Alter von 12 Monaten bereits normale Merkmale erwachsener
Kater aufwiesen, wie z.B. Gewichtsverlust und die Entwicklung von
Katerbacken, was einen Teil des Unterschieds ausmacht. Es wurde bei
späteren Untersuchungen außerdem festgestellt, daß der
Gewichtsunterschied bei den Katzen der Gruppen immer geringer wird. Alle
Katzen wurden in ausgewählten Haushalten, die unter einer gewissen
Aufsicht stehen, untergebracht und sind in ihrem neuen Zuhause aktiver
als auf dem Universitätsgelände. Eine Nachuntersuchung sollte nach drei
Jahren im Mai 1994 durchgeführt werden.
Beobachtungen im Verlauf der Studie
Es gab allgemein keinen Unterschied in der Nahrungsaufnahme zwischen den
Katzen der drei Gruppen außer, daß es in allen Gruppen Unterschiede
zwischen den männlichen und weiblichen Katzen gab. Es wurden keine
Unterschiede in der Wachstumsrate der Katzen in den drei Gruppen
festgestellt, obwohl die Kater in allen Gruppen schneller wuchsen. Es
wurde beobachtet, daß die langen Knochen bei den männlichen und
weiblichen Katzen der Gruppen 1 und 2 länger wurden. Der Grund hierfür
schien zu sein, daß die Knochen bei den Katzen der Gruppen 1 und 2 erst
später aufhörten zu wachsen. Dies ist auch die Erklärung dafür, warum
früher kastrierte Katzen oft größer (höher und länger) sind, als
unkastrierte oder später kastrierte Katzen. Dies schien insbesondere bei
den Katern der Fall zu sein.
Nach sieben Monaten waren die Katzen der Gruppe 3 vor der Kastration
wesentlich aggressiver und außerdem weniger anhänglich als die Katzen
der Gruppen 1 und 2. Entgegen der allgemeinen Meinung waren die
kastrierten Katzen genauso aktiv wie die unkastrierten Katzen.
Die Beobachtungen der Entwicklung der Harnwege zeigten keine
Unterschiede zwischen den drei Gruppen, außer den geschlechtlich
bedingten Unterschieden, welche jedoch über alle Gruppen hinweg konstant
waren. Die Untersuchenden maßen den Umfang der Harnröhre nur bei den
Katern der drei Gruppen und konnten keinen Unterschied feststellen. Es
gab Bedenken, daß eine Frühkastration einen geringeren Umfang zur Folge
haben würde, was ein häufigeres Auftreten von Zysten und damit
zusammenhängenden Problemen mit sich bringen könnte. Dies scheint nicht
der Fall zu sein. Die größten Unterschiede zwischen den Gruppen wurden
beim Vergleich sekundärer Geschlechtsmerkmale festgestellt. Die Kater
wurden auf Unterschiede in der Entwicklung des Penis, der Vorhaut und
der hakenartigen Auswüchse untersucht. Die hakenartigen Auswüchse waren
bei den Katern der Gruppe 1 überhaupt nicht, bei den Katern der Gruppe 2
unterdurchschnittlich und bei den Katern der Gruppe 3 normal entwickelt.
Bei der Untersuchung der Kätzinnen ergab sich, daß die Vulven bei den
Kätzinnen der Gruppen 1 und 2 infantiler waren als bei den Kätzinnen der
Gruppe 3. Keiner dieser Unterschiede machte bei dem Versuch, den Katzen
einen Katheter zu legen, Probleme. Bedenken, daß die Entwicklung der
Harnwege durch Frühkastration beeinträchtigt würde, waren offensichtlich
unbegründet.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen bisher auf, daß die Unterschiede
zwischen den Katzen der Gruppen 1 und 2 vernachlässigbar sind. Obwohl
die Unterschiede zwischen den Katzen der ersten Gruppen und der Gruppe 3
teilweise statistisch bedeutsam sind, scheinen sie die Gesundheit der
Katzen nicht negativ zu beeinflussen. Die Zeichen stehen eindeutig
dafür, daß eine Frühkastration nicht gesundheitsschädlich ist, obwohl
dies durch langfristige Folgeuntersuchungen bestätigt werden muß. Aus
Sicht der Tierheime und im Hinblick auf das Problem ungewollter
Jungtiere sind diese Ergebnisse ermutigend. Wenn alle Tiere – Welpen und
Kitten eingeschlossen – die aus Tierheimen adoptiert werden vor der
Adoption kastriert bzw. sterilisiert werden, sollte es zu einem
entsprechenden Rückgang der Zahl an eingeschläferten Tieren pro Jahr
kommen. Ergebnisse aus Alachua County in der Nähe der Universität von
Florida in Gainesville scheinen diese Theorie zu untermauern.
Die Tierfänger des Alachua County arbeiten mit den Untersuchenden der
Universität zusammen und setzen die Frühkastration seit 1990 ein. Kein
Tier verläßt das Tierheim, ohne zuvor kastriert zu werden. 1987 wurden
im Alachua County 1250 Hunde und Katzen pro Monat eingeschläfert. Seit
der Einführung der Frühkastration fiel die Zahl der Einschläferungen auf
940 pro Monat; außerdem ist keine höhere Todesrate im Zusammenhang mit
den Frühkastrationen festzustellen.
In den letzten Jahren erkannte man die Sicherheit und Effizienz der
Frühkastration immer mehr. Die American Humane Association bezeichnet
die Frühkastration vor der Adoption aus einem Tierheim als eine
angemessene Lösung zur Verringerung der Haustierüberbevölkerung und der
Tragödie der daraus resultierenden Todesfälle. Im Juli 1993 stimmten
Abgeordnete der American Veterinary Medical Association für das Konzept
der Frühkastration. Arbeiten, die von Tierärzten am Angell Memorial
Hospital für die Society for the Prevention of Cruelty to Animals
(Gemeinschaft für die Verhinderung von Graumsamkeiten an Tieren)
angefertigt wurden, unterstützen Dr. Bloombergs Beobachtungen. Andere
Organisationen, die ein Programm zur Frühkastration einsetzen sind die
Denver Dumb Friends League ind Colorado, die Miami Humane Society and
Alachua County Animal Control in Florida, The Humane Society of Austin
and Travis County in Texas, die Chicago Animal Control in Illinois, die
King County Animal Control im Staat Washington, die Vancouver SPCA in
British Columbia und die Southern Oregon Humane Society in Oregon. Die
Dekalb Humane Society in Decatur, Collie Rescue of Metro Atlanta, die
Georgia Alliance of Purebred Canine Rescuers, The Haven and Dog River
Sanctuary in Douglasville sind einige der Organisationen in Georgia, die
Frühkastration bei Hunden, Katzen und exotischen Tierarten einsetzen.
Die Cat Fanciers’ Assocition (CFA) hat seine Ausstellungsregeln insofern
geändert, daß jetzt kastrierte Kitten an den Ausstellungen teilnehmen
dürfen. Viele Züchter von Rassekatzen arbeiten mit ihren Tierärzten
zusammen und lassen Liebhaberkitten kastrieren, bevor sie in ihr neues
Zuhause kommen. Diese Züchter sagen, daß sie mit der Frühkastration sehr
zufrieden sind. Die neuen Besitzer der Liebhabertiere sagen, daß sie
sich dank der Frühkastration keine Gedanken über die Operation und den
damit verbundenen Kosten einer späteren Kastration machen müssen.
Genauso wie die Tierheime, müssen sich Züchter daher keine Sorgen
machen, daß die Kitten, für welches sie ein neues Zuhause gefunden
haben, in Zukunft die Überbevölkerung an Haustieren verschlimmern.
Frühkastration von Katzen, Teil 2
Übersetzt ins Deutsche und übernommen von Amy Stadter
Von Resa Bauer-De Meyere, Murteza Abessinier
Veröffentlicht in der Zeitschrift TICA TREND, Ausgabe April/Mai 1998
Vor ein paar Jahren schrieb ich in der Ausgabe Oktober/November 1992 des
TICA Trend einen Artikel mit dem Titel "Frühkastration". Dieser Artikel
beschrieb meine Policy bezüglich der Frühkastration von Kitten, bevor
diese meine Cattery als Liebhabertier verlassen. Dr. David Roen, der
Tierarzt meiner Cattery, schrieb damals einen begleitenden Artikel. Wir
fanden, daß es für alle Züchter und Aussteller der TICA von Vorteil
wäre, wenn wir nach nunmehr 5,5 Jahren zu diesen Artikeln eine
Fortsetzung mit den bisher gemachten Erfahrungen veröffentlichten.
Obwohl es offensichtlich ist, daß das verfahren der Frühkastration nicht
für jeden Züchter oder jede Rasse das Richtige ist, haben wir einige
wertvolle Informationen zusammengestellt, welche sich eventuell auf Ihre
Situation anwenden lassen.
Es ist jetzt schon 5 Jahre her… wie doch die Zeit vergeht! Während ich
in meiner Cattery auch weiterhin die Frühkastration praktiziere, freue
ich mich mitteilen zu können, daß ich damit nicht mehr alleine bin;
viele Züchter verschiedener Rassen wenden dieses Verfahren ebenfalls an.
Ich weiß von Züchtern der Rassen Maine Coon, BKH, Exotic Shorthair,
Shorthair, Siam, Perser und natürlich auch Abessinier, welche die
Frühkastration regelmäßig durchführen lassen. Die Unterhaltungen auf
Ausstellungen zeigen überall dasselbe Ergebnis auf, wie bei mir: "Die
Frühkastration von Liebhabertieren, bevor Sie in ihr neues zu Hause
gebracht werden, macht jedem das Leben einfacher, insbesondere das der
Katze!".
Damals genauso wie heute hat die Kastration von Liebhabertieren, bevor
Sie die Cattery verlassen, offensichtliche Vorteile. Es gibt absolut
keine Möglichkeit einer "zufälligen" Verpaarung. Nachträgliche
Telefongespräche über Vertragsklauseln bezüglich der Kastration gibt es
nicht mehr. Der Züchter hat dem neuen Besitzer des Liebhabertiers die
Verantwortung abgenommen. Zusätzlich belegen mittlerweile
Universitätsstudien das, was wir uns erhofft hatten: Es gibt keine
negativen Auswirkungen einer Frühkastration. In der Tat zeigen diese
Studien, daß es für die Gesundheit der Katze von Vorteil ist, die
Kastration bereits vor dem traditionell üblichen Alter durchzuführen!
Im Artikel von 1992 wurden beschrieben, daß 43 Abessinier-Kitten im
Alter von weniger als 15 Wochen kastriert wurden, bevor Sie in Ihr neues
zu Hause gingen. Wir hatten zuvor drei Jahre lang die Kastration im
vorpubertären Alter praktiziert. Bis heute haben wir bei insgesamt 119
Kitten die Frühkastration angewandt, einschließlich der 43 Kitten aus
der ursprünglichen Studie. Alles in allem praktizieren mein Tierarzt und
ich nun seit 8 Jahren die Frühkastration.
Sowohl 1992 als auch heute wurde der Großteil der Kitten in einem Alter
von 11 bis 12 Wochen kastriert; manche davon bereits mit 10 Wochen,
andere erst mit 15 Wochen. Alle weiblichen Patientinnen sind schon nach
3 bis 5 Tagen bereit, in Ihr neues zu Hause zu gehen. Mein Tierarzt
verwendet absorbierbaren Faden und mein Liebhabervertrag schreibt einen
Tierarztbesuch innerhalb der ersten Woche, nachdem das Kitten bei seiner
neuen Familie angekommen ist, vor. Auf diese Weise kann der "neue"
Tierarzt die Wunde untersuchen und kann mich oder meinen Tierarzt
anrufen, falls er Fragen hat. Bisher war der Kommentar des "neuen"
Tierarztes "keine Probleme, überhaupt keine Probleme!". Die männlichen
Kitten können praktisch schon in Ihr neues Zuhause, sobald ich sie von
der Tierklinik abhole. Allerdings behalte ich sie auf jeden Fall
mindestens noch drei Tage nach der Operation bei mir, um ganz sicher zu
gehen. Die männlichen Kitten werden ebenfalls bei Ihrem "neuen" Tierarzt
vorgestellt.
Wenn ich eine Zuchtkatze sterilisieren lasse, ist der Unterschied in der
Zeit nach dem Eingriff sehr deutlich erkennbar. Ältere Katzen brauchen
einige Tage mehr, um sich vollständig zu erholen. Sie sind in den ersten
zwei bis drei Tagen etwas steif und haben offensichtlich Schmerzen und
brauchen weitere 2 bis drei Tage, um sich zu erholen. Im Vergleich
hierzu sind die Kitten bereits nach 24 Stunden wohlauf. Sie scheinen
fast gar keine Schmerzen zu haben, anders als die älteren Katzen. Ja,
ich habe auch schon Kitten kastrieren lassen, welche eine erfolgreiche
Ausstellungskarriere hätten haben können, aber ich lasse mich deswegen
nicht von der Frühkastration abbringen. Schließlich leben Liebhabertiere
ein fürwahr fürstliches Leben!
Ergebnisse und Veränderungen bei der allgemeinen Einstellung sind das,
wonach wir suchen. Die chirurgische Methode hat sich nicht verändert,
sowohl was die Zeit vor als auch was die Zeit nach dem Eingriff angeht.
Dr. Roen oder einer seiner Partner haben alle Operationen durchgeführt.
In den 8 Jahren haben wir noch kein Kitten "auf dem Tisch" verloren. In
der Tat gab es auch keine Komplikationen in der Zeit nach der Operation.
In diesen 8 Jahren habe ich bisher nur ein Kitten mit nach Hause
genommen, das etwas länger brauchte, bis es von der Narkose aufwachte.
Die Neuigkeiten über die ersten Kitten von vor 8 Jahren bestätigen uns
auch weiterhin, daß wir das Richtige tun. Bevor ich mich daran gemacht
habe, diesen Artikel zu schreiben, habe ich versucht, die Besitzer jedes
dieser 8jährigen Liebhabertiere zu erreichen. I bin sehr froh berichten
zu können, daß alle, die ich erreicht habe, gesunde und glückliche
Abessinier zu Hause haben. Es gab nur eine Katze, deren Besitzer ich
nicht mehr finden konnte. Von den Abessiniern, die ich aufspüren konnte
gab es keinen einzigen Fall von Urological Problems, no urinary
incontinence and no urinary tract blockage. Wir hatten einen Fall, wo
ein Abessinier anfing zu markieren. Nach einer kurzen Unterhaltung
stellte sich heraus, daß dieses Verhalten wohl darauf zurückzuführen
ist, daß sich die Familie die Frechheit herausnahm, ein weiteres Kitten
in ihren Kreis aufzunehmen.
Obwohl ich in den letzten 8 Jahren den Kontakt zu einigen Käufern von
Liebhabertieren verloren habe, höre ich im allgemeinen von fast allen
zumindest ein Mal pro Jahr. Im Rahmen zu den Vorbereitungen zu diesem
Artikel haben wir bei den Käufern von Liebhabertieren aus meiner Cattery
eine Umfrage durchgeführt . Wir haben von ca. 80% eine Antwort erhalten
und auch hier zeigte sich kein einziger Vorfall von Inkontinenz. Es gab
einen einzigen Fall von Urinary Blockage bei einem 4jährigen Kastraten,
welcher aber erfolgreich behandelt wurde und in den letzten zwei Jahren
keinen Rückfall hatte. Wir hatten einen kleinen Vorfall von
unangemessenem Verhalten beim Urinieren. Meistens schien der Anlaß
hierzu ein gewisser Aufruhr im Haushalt zu sein, zwei Vorfälle konnten
wir nicht erklären.
Andere angemeldete Befürchtungen konnten ebenfalls als unbegründet
widerlegt werden. Exzessives Wachstum der langen Knochen war eine dieser
Befürchtungen. Es gibt in diesen 8 Jahren nur einen Fall, in welchem das
Wachstum der langen Knochen anscheinend zu weit führte. Es handelt sich
dabei um einen sehr langen und großen Kater. Ich habe seinen Stammbaum
studiert und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß es durchaus an seinen
Vorfahren liegen könnte, insbesondere wenn man beim Rest der
Kontrollgruppe feststellt, daß es ansonsten keine Vorfälle dieser Art
gibt. Von den betrachteten Katzen gab es 6 Vorfälle von Idiopathic
Durchfall, welcher mit Änderungen bei der Ernährung kommt und geht.
Einige der Kastraten scheinen ein geringes (1 bis 2 Pfund) und mittleres
(mehr als 2 Pfund) Übergewicht haben, aber wir bezweifeln, daß dies an
der präpubertären Kastration liegt, da Wurfgeschwister des gleichen
Geschlechts kein Übergewicht haben, insbesondere, wenn sie bei einer
anderen Familie leben. Ich muß auch zugeben, daß ich bei mir zu Hause
ein paar Kastraten habe, die ein mittleres Übergewicht haben und ich
weiß auch, woran das liegt – ich füttere sie zu viel! Es gab keinen
einzigen Fall, wo sich ein Abessinier Knochen gebrochen hat, wenn er
eines seiner zirkusreifen Kunststückchen vorführte. Ich erwähne das in
erster Linie, weil es einen Tierarzt gab, der einen Besitzer eines
Liebhabertieres zu Tode erschreckte, als er ihm sagte, daß die Katze
sich bei einem Sprung von einem Tisch oder einer ähnlichen Höhe mit
ziemlicher Gewißheit die Beine brechen würde. Mein Tierarzt hat die
Hysterie des armen Opfers dieser Unsachlichkeit und Unwissenheit am
Telefon beschwichtigt.
Einige von den Züchtern, mit denen ich mich über das Thema unterhalten
habe, äußerten Bedenken wegen der zusätzlichen Kosten, welche ihnen
selbst entstehen würden. Die meisten von uns schlagen die Kosten einfach
auf den Liebhaberpreis auf. Heutzutage sind die meisten Interessenten
erleichtert, wenn ich ihnen dieses Vorgehen erkläre und sie damit um die
Verantwortung der Kastration erleichtere und sie sind auch gerne bereit,
den höheren Preis zu zahlen. Als wir gerade mit der Frühkastration
anfingen, kam ich mir manchmal so vor, als würde ich versuchen, das Rad
neu zu erfinden. Es gab einige Interessenten, die geradezu entsetzt
waren, als sie hörten, daß ich so ein kleines Wesen einer solcher
Prozedur unterziehen würde! Mittlerweile gibt es so gut wie keine Fragen
mehr. In den letzten 5 Jahren wurde die Öffentlichkeit auf das Problem
der "Überbevölkerung" aufmerksam gemacht und ich bekomme ab und zu auch
ein anerkennendes Schulterklpofen dafür, daß ich meinen Teil dazu
beigetragen habe. Die meisten sagen so etwas wie "Nun ja, das ist
wirklich eine tolle Sache!" Eine in der Tat angenehme Entwicklung!
Obwohl unsere Betrachtungen innerhalb unserer Cattery weit von einer
wissenschaftlichen Studie entfernt sind, haben wir unsere bisherigen
Erfahrungen als durchweg positiv eingestuft und sind wohl auch näher an
der Wirklichkeit eines Züchters als Studien, die im Zusammenhang mit
Katzen aus dem Tierheim durchgeführt wurden. Wir sind sicher nur ein
sehr kleiner und rassespezifischer Teil der Katzenwelt, aber wir können
auf 8 Jahre Erfolg zurückblicken. Unser Ziel ist es, so viele Abessinier
wie möglich bis ins Alter von 12 Jahre zu verfolgen. Mit diesen
zwölfjährigen Abessiniern werden wir dann eine abschließende Erfassung
des Sachverhalts durchführen und sie aus der aktiven Studie
herausnehmen. Allerdings behalten wir uns das Recht auf die
alljährlichen Weihnachtskarten vor!
Wie auch mit dem 1992 erschienenen ursprünglichen Artikel bieten Dr Roen
und ich unsere Hilfe und unseren Ratschlag jedem an, der Interesse hat.
Meine Telefonnummer ist 001 509 758 4773 und meine Email-Adresse ist
102436.1515@compuserve.com.
Kommentar von Dr David Roen (ursprünglich veröffentlicht in der Ausgabe
Oktober/November 1992 der TICA Trend)
David Roen, Frau DeMeyeres Tierarzt, sagt, daß die Frühkastration an
Tieren aller Art bereits seit vielen Jahren praktiziert wird, wie z.B.
bei Pferden, Schafen und Rindern. Dr. Roen sagt weiterhin, daß er
keinerlei Studien kennt, welche von negativen Effekten auf Grund des
frühen Eingriffs berichten.
"Meine chirurgischen Techniken, die ich anwende, wenn ich sehr junge
Katzen kastriere oder sterilisiere, sind nichts besonderes. Ich bin
sicher, daß die meisten erfahrenen, kompetenten Kleintierärzte dasselbe
rouintemäßig tun. Es gibt ein paar Dinge, die ich bei jungen, kleinen
chirurgischen Patienten für wichtig halte.
Es ist wichtig, das genaue Gewicht zu kennen. Wir verwenden hierzu eine
digitale Waage, welche daraufhin konstruiert wurde, im Bereich von 500 g
bis ca. 5 kg sehr genau zu sein. Falls der Patient nicht kooperieren
will, wiegen wir ihn in einem kleinen Transportkorb aus Karton.
Die Dosis der verwendeten Narkosemittel muß bei einem kleineren
Patienten genau stimmen; und da es um eine kleinere Dosis geht, sollten
auch eine kleinere Spritze und eine kleinere Nadel verwendet werden.
Der Verlust an Körperwärme kann bei kleinen, jungen Patienten ein
ernsthaftes Problem sein. Dem kann dadurch vorgebeugt werden, daß man es
vermeidet, das Fell bei der Vorbereitung [auf die Operation] unnötig naß
zu machen, daß man den Einschnitt so klein wie möglich macht, daß man
die Operation möglichst schnell zu Ende bringt und dadurch, daß man ein
Wasser zirkulierendes Wärmekissen verwendet, das genau auf eine sichere
Temperatur erwärmt wird.
Ein elektrisches Wärmekissen sollte niemals für ein Tier eingesetzt
werden, insbesondere, wenn der Patient krank ist oder unter Narkose
steht. Selbst wenn das Kissen die Haut nicht verbrennt, kann schon sehr
geringe Hitze ein verlängertes Zusammenziehen der Blutgefäße in der Haut
verursachen. Dies kann das Absterben dieser Hautzellen verursachen und
eventuell ein paar Tage später dazu führen, daß die Haut austrocknet,
schwarz wird, sich abschält und dabei eine große offene Wunde hinterläßt.
Ein kleiner Einschnitt und eine schnelle Operation sind wichtig, da
Körperwärme schnell verloren geht, wenn der Unterleib geöffnet ist. Der
starke Blutzufluß zu den Organen strahlt Wärme ab, die Verdunstung von
der feuchten Oberfläche verwendet die Köperwärme in großen Mengen.
Ich denke, daß die Operation rein körperlich für kleine, junge Katzen
weniger Stress bedeutet. Die Organe sind kleiner, die Blutgefäße sind
kleiner und daher sind das Trauma und der Blutverlust geringer. Ich
kenne keine Studien, die zeigen, daß die Kastration von Katzen vor der
Geschlechtsreife negative Auswirkungen auf die Entwicklung dieser Katzen
hat. Pferde und Kälber werden bereits seit Jahren im Alter von wenigen
Tagen bis wenigen Wochen kastriert.
Ich bin davon überzeugt, daß die Vorteile – eine verbesserte Kontrolle
der Bevölkerung an Liebhabertieren und das Eliminieren von zufälligen
Verpaarungen von nicht zur Zucht geeigneten Rassekatzen – auf jeden Fall
wesentlich größer sind als Risiken, welche die Frühkastration unter
Umständen mit sich bringen mag. |